symposion/ausstellung bildender kunst
7.8. – 21.8.2004
Krastal
Raum I+II
Kunst Sprache Klang
Raum I
Raum kann vieles bezeichnen: Konkretes wie die Umgebung, die Architektur, den Ort, den Innenraum gleichermaßen wie den Außenraum.
Raum bezeichnet jedoch stets auch etwas weitaus abstrakteres wie Freiraum, Zeitraum oder Sprachraum, um nur einige Assoziationen
zu nennen. Schon die Sockelskulptur markierte stets auch den Raum selbst, den Ort an dem sie aufgestellt – bzw. ausgestellt wurde –
sei es der öffentliche architektonische Raum oder der museale white cube. »Der Traum vom Raum«, eine Ausstellung im Museum des 20.
Jahrhunderts in Wien, dokumentierte Mitte der 80er Jahre erstmals in einem größeren Rahmen Aspekte und Tendenzen einer raumbezogenen
Kunst, sowohl in den Bereichen Skulptur, Objekt als auch in der Malerei, was durchaus Sinn machte, denn auch die Malerei trachtete
danach, die zweidimensionale Ebene zu verlassen. Die Skulptur ist in der Eroberung des Raumes weitaus radikaler, raumgreifender
vorgegangen, wasin der Folge zur Einbeziehung anderer Medien und zu Begriffen wie Lichtskulptur oder Videoskulptur führte.
Der Aufbruch zu einer modernen, zeitgenössischen Skulptur erfolgte in Österreich erst nach 1945 und auch nicht friktionsfrei,
denkt man an die die zuweilen auch heftigen Auseinandersetzungen Fritz Wotrubas mit seinen Schülern, die neue Wege gingen.
Als »Farbwahn« bezeichnete er die Arbeiten, die Roland Goeschl nach seinem Aufenthalt in London fertigte und die wunderbaren
Konstruktionen von Oswald Stimm, die unter dem Eindruck der Konstruktivisten wie Tatlin oder Naum Gabo, aber auch der argentinischen
Avantgarde entstanden, als »armselige Surrogate«. Wenngleich gerade dieser Weg der Skulptur nach 1945 bis heute ein sehrspannender
und interessanter ist, möchte ich noch einmal zum Thema Raum zurückkehren.
Site specifity – die Ortsbezogenheit von Kunstwerken – wurde in den 60er Jahren zu einem zentralen Thema im Kunstdiskurs und
speziell auch mit einem erweiterten Skulpturenbegriff verbunden, als Ausdruck einer Verweigerungshaltung gegenüber der Mobilität
der Kunst bzw. ihrer beliebigen Aufstellung. Die ortsbezogene Kunst wurde nicht mehr für ein Museum geschaffen oder deren angeschlossene
Skulpturenareale, sondern suchte sich eine bestimmte Situation, im Kontext mit dem realen Ort und seinen Gegebenheiten.
Dies umfasst bis heute ein weites Feld von Interventionen der Kunst im öffentlichen Raum bis hin zur Ausnützung landschaftlicher
und geologischer Formationen im Bereich der Land Art. Zunehmend wurde die Verbindung der Skulptur mit dem Umraum und dessen bewusste
Einbeziehung als Teil der Installation ein Faktum. Richard Serras »Splashing« von 1968 war in dieser Tendenz eine der ersten und
dadurch wohl legendärsten Arbeiten, die das Werk untrennbar mit dem Raum verband. In ihrem 1978 veröffentlichten Aufsatz »Sculpture
in the Expanded Field« sprach die Kunsthistorikerin Rosalind Krauss davon, dass die Aufmerksamkeit der KünstlerInnen sich auf die
äußerste Grenzen des Begriffes Skulptur durch die Verbindung mit bestimmten Orten, wie Architektur und Landschaft fokussiere.
Das heißt die Skulptur geht in ihrer inhaltlichen Intention vom Ort aus, begreift sich nicht selten auch als soziale Interaktion,
als Vermittler zwischen mehreren Systemen. Daneben wurde auch die Tendenz, Kunst und Landschaft zu verbinden, stärker. In seinem
als Yale Lecture 1990 publizierten Vortrag, betonte Richard Serra die Dialogsituation zwischen ortspezifischen Arbeiten und ihrer
Umgebung sowie – und das scheint mir auch im Hinblick auf die Arbeiten der hier präsentierten Künstler wesentlich – die damit
verbundene Überwindung der Gattungsgrenzen. In diesem skizzierten Bezugsfeld so Richard Serra, verlieren die Gattungen
zwar nicht an Bedeutung, jedoch ihren Autonomieanspruch. Dabei ist jedoch nicht ein Zusammenwirken von Malerei,
Skulptur und Architektur im historischen Sinne eines Gesamtkunstwerkes gemeint, sondern ein Cross-over der Medien,
das sich je nach Intention des Projektes ergibt und zumeist an eine konkrete räumliche Situation gebunden ist. Der Sockel
war obsolet, wie auch die Einschränkung auf die bisher vorherrschenden Materialien Stein, Metall und Holz. Materialien aus den
angewandten Bereichen wie Textil oder Keramik wurden zunehmend interessant, ebenso wie Produkte der Industrie, der Konsum- und
Warenwelt. Diese einer künstlerischen Transformation zu unterziehen hat viele Intentionen. Sei es, dass durch das Material selbst
eine Aussage transportiert wird, oder dieses aus rein formalen Gründen vom Künstler, von der Künstlerin herangezogen wurde.
So sind auch die verwendeten Materialien der Arbeiten des diesjährigen Symposiums sehr vielfältig und umfassen Papier, Stein,
Metall, industrielle Abfallprodukte, Fundstücke ebenso, wie naturgemäß den Marmor aus dem Krastaler Steinbruch. Der Stein selbst,
sozusagen das traditionelle Ausgangsmaterial, wird ebenso unter den verschiedensten As-pekten von den Künstlern ausgesucht und reicht
vom Findling, der als solcher schon zum Teil der Rauminstallation wird, bis hin zum Block, aus dem die Form erst gewonnen werden muss.
(Silvie Aigner)
organisation:
teilnehmer:
verwandte inhalte:
_ katalog 2004 | symposion krastal _raum